Impulsvortrag von Michael Wutzler beim Reflexionstreffen für Kita-Fachberatungen der LIGA

Am 6. Dezember 2022 sprach Dr. Michael Wutzler auf dem 13. LIGA-Reflexionstreffen für Kita-Fachberatungen „Begegnung schafft Resonanz – Liegst du auf meiner Welle? Demokratie und Vielfalt in Thüringer Kindertageseinrichtungen“
in Erfurt als Impulsgeber zum Thema:

„Resonanzpädagogik in Kindergärten: Individualität. Partizipation. Heterogenität.“

In Zeiten, in denen medial der Kita-Notstand (Personalnotstand, Parametrisierung des Aufwachsens, Verrechtlichung, Ökonomisierung der Kita) ausgerufen wird, fragt sich nochmal eindringlicher, wie eine gute pädagogische Praxis in Kindergärten adäquat hinsichtlich des Kindeswohls etabliert werden kann. Das Resonanzkonzept (Hartmut Rosa) bietet die Möglichkeit einer theoretischen Fundierung, um gegenwärtige Wahrnehmungen, Missstände und Hoffnungen im Alltag in Kindergärten beschreibbar und dadurch pädagogisch integrierbar bzw. handhabbar zu machen. Es setzt den Entfremdungserfahrungen in einer zunehmend beschleunigten Welt sowie der einseitigen Fokussierung auf die Herausbildung von Bildungskapital eine alternative Haltung und alternative Gestaltungsmöglichkeiten entgegen, die auf wechselseitigen und transformativen Erfahrungen der Anverwandlung und Selbstwirksamkeit beruhen. Wie können wir eine pädagogische Verantwortung leben, die nicht als ein paternalistisches, asymmetrisches Verantwortung-Haben, sondern als dialogisches und auf Symmetrie beruhendes, in die Verantwortung-Gestellt-Sein verstanden werden kann. Pädagogik orientiert sich dabei auf Basis einer Resonanzhaltung Sorgender daran, dass die Sorgebeziehungen derart gestalten sind, dass Resonanzsensibilität entfaltet, eine resonante Beziehung zwischen Kindern und Sorgenden sowie individuelle Räume für Resonanzerfahrungen möglich werden, in denen je eigene Resonanzachsen der Kinder etabliert und gelebt werden können. Daran orientiert kann das Handwerkzeug entworfen werden, mit dem Fachberater:innen in Zusammenarbeit mit Kita-Fachkräften auf unterschiedlichen Ebenen – hinsichtlich der Frage, ob Resonanzerfahrungen möglich gemacht oder Indifferenz und Repulsion (Entfremdung) gefördert werden – an der Qualität in Kitas arbeiten können.

   

Am Nachmittag gab es für die Fachberater:innen außerdem die Möglichkeit an unterschiedlichen Workshops teilzunehmen und sich fachlich miteinander auszutauschen. Die Themen der Workshops waren:

  • die Selbstreflexion zur Rolle als Fachberater:in
  • Warum der Blick auf das Problem nicht weiterhilft – Gesprächssituationen in der Beratung lösungsorientiert gestalten
  • „Das haben die doch alles schon lange geplant!“ Verschwörungserzählungen und ihre Gefahr für die Demokratie
  • Prävention ist besser als Intervention – Handlungsoptionen gegen extrem rechte Haltungen in der Kita

Unterstütz wurde das Reflexionstreffen von:
„ZukunftsChancen − Ausbau Demokratie fördernder Strukturen“ des AWO Landesverbands Thüringen
„Schau HIN vor Ort – Beratungsnetzwerk gegen Ideologien der Ungleichwertigkeit und für demokratische Teilhabe“ des Paritätischen Thüringen
Miteinander – Netzwerk für Demokratie und Weltoffenheit in Sachsen-Anhalt e. V.
„Demokratie gewinnt! In Sachsen-Anhalt und Thüringen!“ der Diakonie Mitteldeutschland
MOBIT e.V. Mobile Beratung in Thüringen
Wissenschaftliche Begleitung des Thüringer Modellprojekts „Vielfalt vor Ort begegnen“ an der Fachhochschule Erfurt

 

Literatur: Beljan, Jens (2017): Schule als Resonanzraum und Entfremdungszone. Eine neue Perspektive auf Bildung. Weinheim/Basel. / Rosa, Hartmut (2016): Resonanz. Eine Soziologie der Weltbeziehung. Berlin. / Rosa, Hartmut (2020): Unverfügbarkeit. Wien/Salzburg. / Wutzler, Michael (2018): Sorge um Kinder und Resonanz oder die Entfaltung von Resonanzsensibilität in resonanten Sorgebeziehungen. Neue Praxis, 48(6), S. 525-546.