Tiergestützte Pädagogik im Kindergarten „Vollbrachtfinken“ (Erfurt)

„Anke, wann kommen denn Balu und seine Freunde wieder in den Kindergarten? Ich möchte mit ihnen das Spinnenspiel spielen.“ Mit dieser Frage begrüßte mich die kleine Mia, als ich aus meinem Urlaub wieder in den Kindergarten kam. Balu und seine Freunde sind drei ausgebildete Therapiebegleithunde, die das pädagogische Fachpersonal unseres Kindergartens in der Arbeit mit den Kindern unterstützen. Balu, mein eigener Hund, begleitet mich zwei bis drei Mal in der Woche zur Arbeit. Fine und Paulina kommen wöchentlich mit ihrem Frauchen Susanne Wille, um uns zu unterstützen.

Tiergestützte Pädagogik ist seit fast 20 Jahren ein Bestandteil unserer pädagogischen Arbeit im Kindergarten Vollbrachtfinken im Erfurter Norden. Meerschweinchen, Fische und eine Achatschnecke haben in unserer Einrichtung ein gutes zu Hause gefunden. Die Kinder lernen Verantwortung zu übernehmen, sie in ihren Bedürfnissen zu respektieren, sie zu versorgen und entspannt zu beobachten. Für viele Kinder und Eltern ist unsere Tierecke der erste Anlaufpunkt beim Ankommen im Kindergarten. Die Tiere sind oft ein Brückenbauer zwischen Eltern, Kindern und Pädagog:innen und lockern das ein oder andere Elterngespräch auf.

Wenn die Kinder nach erfolgreicher Eingewöhnung Vertrauen und Beziehungen zu den Pädagog:innen aufgebaut haben, besteht auch für sie die Möglichkeit, immer freitags an einem Ausflug zum Reiterhof „Reitberger“ in Alach teilzunehmen. Dort lernen sie alles „rund ums Pferd“. Durch die gemeinsamen Ausflüge über die Felder und durchs Dorf lernen sie die Natur kennen und genießen die Zeit mit ihren Freunden.

Auch die kleine Mia hat großes Interesse an der Interaktion mit den Tieren. Sobald sie mich mit meinem Hund sieht, fragt sie ständig, ob wir etwas mit ihm spielen können. „Spielen mit dem Hund“ bedeutet bei uns, der Hund ist anwesend und wir überlegen gemeinsam mit den Kindern, welche Spielidee wir umsetzen können. Dabei stehen uns extra für die tiergestützte Arbeit verschiedene Materialen in allen Bildungsbereichen zur Verfügung. Mia gefällt z.B. das „Spinnenspiel“. Dabei werden Seile von Tischen zu Stühlen zu einem Spinnennetz gebunden. Eine kleine Spielzeugspinne sitzt in der Mitte und darf beim Überwinden der Seile nicht geweckt werden. Auf der einen Seite sind die Leckerlies für den Hund und diese müssen auf die andere Seite zum Hund gebracht werden, der dort auf seiner Decke wartet. Dabei fördern wir unter anderem die Motorik und das Sozialverhalten.  Andere Kinder bauen sich gern eine „Rennstrecke“ auf. Durch die Anzahl der gewürfelten Punkte entscheidet sich, wer zuerst im Ziel beim Hund ist, um ihn zu füttern.

Das sind nur zwei der verschiedenen Spielideen, die sich über die Jahre entwickelt haben und von den Kindern gern in kleinen Gruppen genutzt werden. Einer der Hauptschwerpunkte unserer tiergestützten Arbeit ist die Motivation der Kinder, Dinge oder Spiele auszuprobieren und sich dabei unbewusst weiterzuentwickeln. Mit oder für einen Hund ein Spiel zu spielen, macht unseren Kindern großen Spaß.

In unserer Einrichtung spielen und lernen auch viele Kinder mit emotionalen Einschränkungen. Da die Tiere alle Menschen so annehmen, wie sie sind und wertfrei ihnen gegenübertreten, erfahren einige Kinder im Umgang mit den Tieren meist die ersten positiven sozialen Kontakte und genießen sie. Unsere Hunde spiegeln das Verhalten der Kinder und so lernen die Kinder durch Beobachtung ihr eigenes Verhalten zu reflektieren und anzupassen. Diese Erfahrungen übernehmen sie dann auch in das Spiel mit ihren Freunden.

Diese positiven Erfahrungen stärken nicht nur unsere Kinder. Auch die Pädagog:innen sind dankbar für die tierische Unterstützung und genießen gemeinsam die schönen Momente mit ihnen und den Kindern.

Anke Schmiedl aus der Kita Vollbrachtfinken in Erfurt